Das Telefon klingelte. „Darfst Du einen LKW fahren?“. „Ja“, war meine Antwort. „Gut, dann teste mal den neuen Actros“. OK. Bereits am 16.10.2011 war es soweit. Es ging per Flieger nach Stuttgart und dann zum Testgelände nach Münsingen. Ich durfte meinen ersten komplett selbst gestalteten Film drehen. Einstellungen, Interview, Schnitt und Text. Dazu kamen erste Aufnahmen mit einem Oktokopter (Kamera an einem ferngesteuerten Modell-Hubschrauber, gleich die erste Einstellung im Video).
Massagesitze, Fahrerassistenzsysteme, große Motoren, agiles Kurvenhandling. Da denkt man eher an Oberklasse-Limousinen als an einen LKW. Aber bei Mercedes gehören Fahrdynamik und Komfort auch in die Nutzfahrzeuge.Nach 10 Jahren Planung und Entwicklung, sowie 20 Millionen Testkilometern darf der neue Actros jetzt endlich offiziell auf die Straße. Dabei kann zwischen 4 Karosserievarianten gewählt werden. Von Classic- bis Gigaspace.
Der Sitz ist natürlich luftgefedert, endlos verstellbar und hat auf Wunsch eine Massagefunktion. Die Lenksäule ist per Fußdruck individuell einstellbar. Alle Instrumente sind übersichtlich angeordnet und eine Vielzahl von Staufächern bietet Platz für die Dinge des täglichen Lebens. Es gibt unbequemere Arbeitsplätze.
Neben der Basismotorisierung stehen drei weitere Triebwerke mit 450, 480 und 510 PS zur Verfügung, mit einem maximalen Drehmoment zwischen 2100 und 2500 Newtonmetern. Die 12-Gang-Automatik Powershift ist serienmäßig, aber wer mag, kann die Gänge immer noch bequem per Schalter am Lenkrad einlegen.
Und der Verbrauch? Bei einer Rekordfahrt über 10.000 km erreichte der Actros bei 25 Tonnen Beladung einen Durchschnittsverbrauch von 25 Litern. Also gerade mal ein Liter pro Tonne Ladung. Unter Idealbedingungen. Das serienmäßige Fleetboard-System soll im täglichen Betrieb helfen, den Verbrauch zumindest um 5 bis 15% senken zu können.
Der Actros hat zwar so viel PS wie ein Sportwagen, ist aber natürlich nicht so leichtfüßig.
Trotzdem lässt er sich zielsicher durch die Pylonen lenken und vermittelt auch beladen jederzeit das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Selbst auf der Sinuswelle: Aufschaukeln? Fehlanzeige.
Während der durchzugsstarke Motor auf der Landstraße bei 850 Umdrehungen vor sich hin säuselt, können in aller Ruhe die Fahrerassistenzsysteme ausprobiert werden. Fahrspurassistent, Abstandswarner und der Bordcomputer mit seinen unendlich vielen Informationen lassen keine Wünsche offen. Allerdings geht bei all dem Komfort und den elektronischen Helferlein eines vollständig verloren: die Trucker-Romantik. Vorbei ist es mit dem King-of-the-Road-Feeling. Es geht knallhart darum, den LKW so schnell und verbrauchsgünstig wie möglich von einem Ort zum anderen zu bewegen. Da verkommt der Fahrer zum einfachen „Maschinenführer“. Auch wenn die Maschine soviel kostet wie ein nettes Einfamilienhaus, nämlich mindestens 100.000 Euro.
PS: Und? Die Fehler im Video gefunden? Nein, den Bericht hat nicht Jürgen Stephan gemacht, sondern ich. Aber als Chef der Produktionsfirma darf er das. Und die Werte in der Übersicht bei 1:49 sind – außer dem Kaufpreis – natürlich „Humbug“. 😉